Das Heilige Gesicht, Licht, das die Welt erleuchtet
Omnis Terrae Sonntag, 15.1.2023 Erzbischof Bruno Forte
Es war Papst Innozenz III. im Jahr 1208, der wollte, dass der Schleier des Heiligen Antlitzes in einer Prozession vom Petersdom zur nahe gelegenen Kirche Santo Spirito in Sassia getragen wird. Es war der zweite Sonntag nach dem Dreikönigstag, genannt Omnis Terra nach den ersten Worten des Introitus: Omnis terra adoret te, Deus, et psallat tibi! – Die ganze Erde betet dich an, o Gott, und singt dir Hymnen (Ps 65,4). Am Ende dieser Prozession segnete der Bischof von Rom die Patienten des Pilgerhospitals mit der kostbaren Reliquie, die er selber wieder restaurieren hatte lassen. Mit dieser Geste wollte der Papst die Gnade der Heilung hervorheben, die vom Antlitz des Erlösers ausgeht, wenn es mit Glauben betrachtet wird und ebenso die Fruchtbarkeit des Gebets der Anbetung und der Fürbitte for diesem Antlitz, das wir in dem hier in Manopello verehrten Byssus-Schleier betrachten.
Ein anderer Papst, Benedikt XVI., der am vergangenen 31.Dezember zum Herrn heimkehrte, hatte am 1.September 2006 diesen Ort besucht um das Heilige Antlitz zu verehren. Es berührte ihn sosehr, dass er das schöne Gebet formulierte, das wir kennen und beim Betrachten des Antlitzes beten sollten.
Zuverlässige Quellen versichern, dass der sterbende Papst seinen letzten Blick auf dieses Bild richtete und die Worte aussprach, die eine wahre Zusammenfassung seines ganzen Lebens sind, das für Christus, die Kirche und die Welt hingegeben hat: „Herr, ich liebe dich!“
Das an diesem Sonntag verkündete Wort Gottes hilft uns, die Liebe von Papst Benedikt zum Heiligen Antlitz und die Gründe zu verstehen, die diese Wallfahrt hierher zu einer besonderen Quelle der Gnade und des Friedens machen: hier aus dem Antlitz des auferstandenen Jesus, noch gezeichnet vom Schmerz, aber heiter und strahlend, scheint uns das Licht des Erlösers der Menschen; hier kann jeder dieses Licht für sein Leben in seinem Herzen aufnehmen; von hier aus beginnen wir mit dem festen Bestreben, das ganze Licht dieses Angesichts zu bezeugen und so viele zu einer Begegnung mit dem Erlöser zu führen. ER erneuert unser Leben vom Grund auf und macht uns zu Menschen, die voll Liebe zur himmlischen Heimat pilgern, in die Papst Benedikt nun eingetreten ist und wo er für uns eintritt.
Der Text aus dem Buch des Propheten Jesaja (49,3.5.f) berichtet von der Verheißung des Herrn, Seine Herrlichkeit an Seinem Knecht Israel zu offenbaren. Ihn hat er auserwählt und von Mutterleib an dazu bestimmt, die Stämme Jakobs wiederherzustellen und nach Israel zurückzubringen, als „Licht für die Völker“ und es bis an die Grenzen der Erde zu verkünden.
In seiner Predigt am 24.September 2011 sagte Papst Benedikt den Jugendlichen bei der Vigilin Breisgau: Christus, der von sich sagt „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh 8,12), bringt unser Leben zum Leuchten, damit wahr wird, was in seinem Evangelium gesagt wird: „Ihr seid das Licht der Welt“(Mt 5,14). Es sind nicht unsere menschlichen Bemühungen oder der technische Fortschritt unserer Zeit, die Licht in diese Welt bringen … Das Leider der Unschuldigen und schließlich der Tod eines jeden Menschen stellen ein undruchdringliches Dunkel dar, das vielleicht durch neue Erkenntnisse für einen Moment aufgehellt werden kann, wie die Blitze in der Nacht tun. Am Ende bleibt jedoch eine quälende Dunkelheit.. Wir sehen jedoch ein Licht: eine kleine Flamme, die stärker ist als die scheinbar so mächtige und unüberwindliche Dunkelheit. Christus, der von den Toten auferstanden ist, leuchtet in dieser Welt, und zwar am deutlichsten gerade dort, wo nach menschlichem Ermessen alles düster und hoffnungslos erscheint. ER hat den Tod besiegt – er lebt – und der Glaube an ihn durchdringt wie ein kleines Licht alles, was dunkel und bedrohlich ist. Wer an Jesus glaubt, sieht gewisse nicht immer nur die Sonne im Leben…, aber es gibt immer ein klares Licht, das ihm den Weg zeigt, den Weg, der zum Leben in Fülle führt (vgl. Joh 10,10). Die Augen derer, die an Christus glauben, sehen auch in der dunkelsten Nacht ein Licht und sehen bereits das Licht eines neuen Tages“. Ja, wir haben an das Licht geglaubt, das der auferstandene Herr ist, und dieses Licht gibt unserem Leben und der Geschichte Sinn und erfüllt die unruhigen Herzen von uns Pilgern zur himmlischen Stadt mit Frieden und Hoffnung! Daher sind es nicht wir, die uns das Licht geben, sondern Christus, der es uns gibt, der – wie der Apostel Pauls in der heutigen zweiten Lesung aus der ersten Korintherbrief (1,1-3) bekräftigt – hat uns in sich selbst geheiligt und uns zu Heiligen gemacht mit allen, die überall Seinen Namen anrufen! Das Licht, das befreit und rettet, ist Gnade, ein kostenloses und unverdientes Geschenkt, das uns in Hülle und Fülle von dem angeboten wird, der für uns gestorben und auferstanden ist. Es ist wiederum Papst Benedikt, der in der zitierten Predigt daran erinnert: „Wenn wir glauben, dass er der Sohn Gottes ist, der Kranke geheilt und Tote auferweckt hat, ja, dass er selbst aus dem Grab auferstanden ist und wirklich lebt, dann verstehen wir: ER ist das Licht, ER ist die Quelle von allem.